Hedmark – entspanntes Paddeln im Südosten Norwegens

Norwegens Hedmark ist eine weniger bekannte Paddelregion im Traumland des Wildwassers. Sie liegt auf keiner der klassischen Touristen-Routen. Landschaftlich kann sie nur schwer mit den spektakulären Trollstiegen oder den noch atemberaubenderen Fjorden im Westen mithalten. Sie fasziniert mehr durch ihre sanfte Natur und bietet Skandinavien-Feeling pur. Keine Autobahn führt durch die grün bewaldete Hügellandschaft, kaum ein Industriebetrieb verschandelt die Umgebung. Auch gibt es keine großen Städte. Es ist ländlich. Eigentlich so, wie man sich Norwegen vorstellt. Inklusive der Elche, die es hier in großer Zahl gibt und von denen uns hier bereits zweimal einer fast vor den Bulli gestakst ist. Eine mediterrane Fahrweise ist also mehr als angebracht, möchte man auf eine übergroße Kühlerfigur verzichten.

2022 haben wir der Hedmark, nach einigen Jahren, in denen wir dort nicht unterwegs waren, wieder einmal einen Besuch abgestattet. Gar nicht mal so freiwillig, denn eigentlich sind wir mit unserem F2-Roadtrip vor den Hochwassern auf den eigentlichen Klassikern geflohen. Doch dabei haben wir die Liebe für die Hedmark wiederentdeckt. Warum, das kannst du in Teilen im folgenden lesen. Viel Spaß dabei!

Vorspiel und „Full on“ auf der Setninga

Bilder oben: In den Klammen der Setninga – bei perfektem Pegel!

Nach einer regenreichen Nacht, wir hatten schon die Befürchtung, die Atna, an deren Ufer wir gerade campieren, könnte uns langsam wegspülen, steigt beim ersten Kaffee die Vorfreude auf den Tag. Denn kurz oberhalb unseres Camps müdet die Setninga. Hier können wir uns wunderbar einpaddeln, bevor die Teilnehmer unserers Roadtrip in zwei Tagen zu uns stoßen. Außerdem können wir die Erinnerungen an die Setninga auffrischen und dann entscheiden, ob wir sie mit der ganzen Gruppe paddeln wollen. Wir kennen sie zwar bereits von diversen Befahrungen, die letzte liegt allerdings gute zwölf Jahre zurück. Umso weniger können wir uns an den damaligen Wasserstand erinnern und einen Online-Pegel gibt es nicht. Bei der Besichtigung, mittlerweile sind wir zu dritt, Kanulehrer Jan ist zu uns gestoßen, ist aber schnell klar, dass der Durchlauf auf jeden Fall ausreichen sollte. Und, oh ja, das tut er!

Der Einstieg zur Setninga befindet sich, wie so häufig in der Hedmark, in einem See. Sobald wir den Ausfluss erreichen, zieht es uns flott talwärts. Über kleine Stufen und Rutschen geht es dahin. Dann verengt sich das Flussbett, es folgt die erste kleine Niederklamm. Die Schwierigkeiten folgen nun dicht aufeinander und es bleibt wenig Zeit zum Verschnaufen. Es macht wirklich Spaß, ist aber auch ein wenig anstrengend, denn es ist volle Konzentration gefragt. Nicht nur das schnelle Wasser, die kurzen Klammen und die nickeligen Rückläufe fordern Konzentration, es ist auch stets mit Baumhindernissen zu rechnen. In einem kleinen Kehrwasser machen wir ein Päuschen. Beim Blick über die Schulter erinnere ich mich an die nun folgende Stelle. Über mehrere kleine Stufen und Rutschen geht es durch die Kernstelle, die man sich normalerweise gerne von der rechten Seite aus ansieht. Daran ist bei unserem Pegel allerdings nicht zu denken und so fällt die Entscheidung leicht. Das ist schließlich auch das Wunderbare an nicht einsehbaren Zwangspassagen: Man muss nicht lange über die Linie diskutieren und auch nicht überlegen, ob man überhaupt fährt. Das spart Zeit. Also folgt Nadja Jan in das Gebrodel, ich fahre als Letzter. Nach wenigen Sekunden haben wir auch diese Stelle hinter uns. Nach der Kernstelle wird es zwar leichter, jedoch bleibt es kontinuierlich und spritzig. Bis zum Ausstieg und somit bis zu der Stelle, die wir uns bereits vor der Befahrung angesehen haben. Diese letzte Rutsche fordert noch einmal unsere Konzentration, dann mündet die Setninga in die Atna. 

Trysilelva und Gløta

Bilder oben: Auf Trysilelva und Gløta

Da es noch immer ein bisschen regnet, lassen wir den Abend unter der Markise unseres Campers ausklingen, bevor wir am nächsten Morgen weiterziehen in Richtung Süden. Gute zweieinhalb Stunden sind es von der Atna zur Trysilelva. Hier treffen wir auf unsere Mitpaddler, die sich bereits am Campingplatz am Femundsee eingefunden haben und hier mit einem kühlen Bierchen auf uns warten. Der Regen hat mittlerweile aufgehört, sogar das Blau des Himmels lugt immer wieder durch die aufreißende Wolkendecke, genauso wie die tief stehende Sonne, die einen beeindruckenden Regenbogen über unser Camp zeichnet.

Am nächsten Morgen steht die erste gemeinsame Fahrt an. Wir steigen an einem seeartigen Teil der Trysilelva ein. Auf den ersten Kilometern genießen wir die sanfte Strömung, lassen uns in die erste Waldschlucht treiben und nutzen die ausgeprägten Kehrwasserlinien zum Unterschneiden. Dann folgen die ersten Katarakte; wuchtig, doch fair und gut aus dem Kajak aus zu beurteilen und zu befahren. In fast allen Stellen finden wir nicht nur einfache sowie sportlich herausfordernde Linien, sondern auch schöne Wellen zum surfen und Walzen, um uns so richtig aufmischen zu lassen. Der eine oder andere spektakuläre Walzen-Move gelingt uns mit unseren dicken Half-Slice-Kajaks, es überwiegen aber die erfrischenden Rollen nach kurzem Waschgang – Einpaddeln par Excellence!

Wer nicht von Anfang an auf wuchtiges Wildwasser III aus ist, der kann die Befahrung der Trysilelva auch an der Ausstiegsbrücke des oberen Abschnitts beginnen.

Für uns ist der Paddeltag mit dem Ende der oberen Wildwasser-Strecke der Trysilelva noch nicht zu Ende. Auf uns wartet die Gløta. Sie ist die perfekte Ergänzung zu einem ausgefüllten Paddeltag und zu allem Überfluss liegt sie auf dem Weg zurück zum Campingplatz. Die Szenerie an Ein- und Ausstieg ist genial. Denn die Gløta verbindet zwei kitschige Seen miteinander. Es liegt ein sanfter Nebel über dem Wasser und es regnet dicke Tropfen. So wirkt der eh schon spektakuläre Übergang vom See in den Fluss noch mystischer. Die leicht spürbare Strömung zieht uns in die Gløta und somit direkt in die erste spannende Stelle hinein – in eine lange Rutsche mit leichter Verblockung. Der Blick über die Abrisskante ist tatsächlich nichts für schwache Nerven, nach der Einfahrt in die Stelle wird aber ziemlich schnell klar, dass sie von oben spannender aussieht, als sie in Wirklichkeit ist. Nach diesem Auftakt wird es erst einmal ruhiger. Und so geht es auf den nächsten zweieinhalb Kilometern weiter. Auf jeden Katarakt folgt ein komplett ruhiger Abschnitt zum entspannen.

Nach knapp dreieinhalb Kilometern wartet der Ausstieg im nächsten See. Der Ausflug zur Gløta ist durchaus lohnend und rundet den Tag perfekt ab.

Da der Ausstieg der Gløta nur wenige Kilometer entfernt vom Campingplatz liegt, bleiben wir noch eine weitere Nacht und schmieden Pläne für den nächsten Tag. Da es kaum noch regnet, planen wir mit der Unsetåa. Sie liegt gut eine Stunde westlich von unserem Camp und führt gerade einen nahezu perfekten Wasserstand – den wollen wir nicht verpassen. Denn der kleine Fluss läuft schnell wieder ab.

Unsetåa

Bilder oben: Auf der Unsetåa

Am Einstieg angekommen, glauben unsere Freunde kaum, dass uns auf der Unsetåa wirklich Wildwasser erwartet. Denn der Fluss schaut hier aus wie die Lippe oder irgendein anderer mitteldeutscher Wanderfluss. Doch bereits nach den ersten Kurven warten die ersten Schwallstrecken mit kleinen Kehrwassern und Wellen. Spätestens mit der Einfahrt in die erste Niedrigklamm steigt der Puls. Es warten kurze, wuchtige Rutschen, vereinzelte Walzen und Presswasser. Das meiste können wir zwar mit langem Hals fahren, hinter mancher Abrisskante versteckt sich aber auch die eine oder andere Walze, deren Besichtigung sicher nicht schadet. Auch wenn das Wildwasser der Unsetåa eher im oberen dritten Grad angesiedelt ist und nach fast jeder Stelle ein sicherer Pool wartet, so ist sie gerade bei höheren Wasserständen ein ernst zu nehmendes Wildwasser und steht stellvertretend für die anspruchsvolleren Schluchten der Region.

Nach der Unsetåa führt uns unser Weg wieder in Richtung Atna. Hier campieren wir noch einmal auf dem gemütlichen „Campingplatz Atna, bevor wir weiter in Richtung Sjoa fahren.

Bilder unten: An der wunderbaren Sjoa

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