Seekajak-Abenteuer Kreta Teil I – der wilde Westen

Zugegeben, es war ein Pokern mit Poseidon. Denn die Stürme der letzen Tage waren noch nicht ganz verebbt, da entschieden wir, unsere “Pilottour Abenteuer Kreta” im nordwestlichen Kissamos zu starten und nicht, wie alternativ überlegt, an der Westküste bei Phalasarna. Warum das ein gewisses Nervenkitzeln verursacht? Ein Blick auf die Karte Kretas sorgt schnell für Aufklärung…

Wie ein langer Dornen sticht das nordwestliche Kap mit den Gramvousa-Inseln in das Kretische Meer. Hier ist man den Naturgewalten völlig ausgesetzt. An der östlichen Küste des “Dornen” gibt es quasi keine Anlandemöglichkeit, hat man erst einmal die letzten kleinen Buchten westlich von Kissamos verlassen. Noch dazu sorgte in den letzten Tagen ein steter Nordwind für spannende Windsee und eine ordentliche Dünung. Vor allem für das Kap, den nordwestlichsten Punkt Kretas, verspricht dies raue Bedingungen. Nur weil sich der Wind Tag für Tag abschwächt und auch die Wetterprognose für eine Machbarkeit des Unternehmens spricht, stechen wir schließlich östlich von Kissamos in See, in Richtung Gramvousa-Inseln.

Bilder: Einpacken und ablegen in Kissamos bei spiegelglatter See, dann hieß es Kurs nehmen auf den ausgesetzten Nordwesten.

Noch einen Tag zuvor krachte eine sportliche Brandung auf unseren Strand beim Campingplatz “Mithimna”, unserem Treff- und Startpunkt der Reise. Doch am Tag der Abfahrt ist hier fast spiegelglatte See – über Nacht hat sich das Meer weiter beruhigt, darauf hatten wir gesetzt. Das gute Wetter und die Abwesenheit jedes noch so zarten Lüftchens stimmen uns optimistisch und so nehmen wir den letzten Strand, der zugleich auch die letzte Anlandemöglichkeit vor dem Kap bedeutet, in die Peilung. Hier machen wir noch eine letzte Pinkelpause, denn so wie es aussieht, kommen wir erst wieder nach 25 Kilometern aus den Booten, am Balos Beach – vorher scheint sich keine Möglichkeit zu bieten, zumindest laut Karte und Satelitenaufnahme. Pünktlich nach dem Ablegen an unserem Pausenplatz frischte es auf. Am Horizont werden immer mehr weiße Schaumkronen sichtbar. Langsam wird uns klar, dass die Umrundung des “Dornens” kein Zuckerschlecken für die Gruppe werden würde. Bei gut eine Meter Windsee und steifer Brise bis vier Beaufort schafften wir es schließlich am Nachmittag ums Eck und können uns im Windschatten des Dornen und der Gramvousa-Insel ausruhen. Ich parke mein Kajak auf scharfkantigen Felsplatten und klettere zu einem beeindruckenden Loch im Fels, durch das ich den zweiten Teil unserer Gruppe fotografieren kann. Die Hälfte der Gruppe entspannt sich bereits auf der völlig windstillen Westseite des Dornens, während sich die Anderen noch durch die Wellen im Norden kämpfen.

Bilder: Steile aber lohnende Fotoposition im Nordwesten

Im Windschatten folgen wir der Westküste bis zum Balos Beach, dem Ziel unserer ersten Tagesetappe. Als wir im Sonnenuntergang hier ankommen, ist der Strand menschenleer. Zumindest fast. Denn es kommt ein kleiner pummeliger Grieche mit einer ziemlich wichtigen Weste und einem quakenden Funkgerät auf uns zu. Das haben wir auch noch nicht gesehen – der gute Herr ist hier Strand-Security. Seine erste Frage trifft auch direkt ins Schwarze. “You sleep here, tent?” “Yes, Sir, that was the idea…”. “Problem” erwidert er. So ging das dann eine ganze Weile weiter. Sehr freundlich machten wir den Herrn darauf aufmerksam, dass selbst ein Funkgerät und eine Security-Weste uns nicht von unserem alternativlosen Plan abhalten können. Schließlich sieht er ein, dass es uns kaum möglich ist, mit den Kajaks zurück nach Kissamos zu fahren. Denn es wird ja gerade dunkel. Und das sind ja gut dreißig Kilometer. Gemeinsam lachen wir ein wenig, dann wird es wieder ein bisschen ernst. Denn eine andere Lösung fällt ihm nicht ein und er ist mit seinem Latein am Ende. Also nutzt der immer noch freundliche Mann, wir sind es schließlich auch, seine Funke. Sein Vorgesetzter weiß auch keine Lösung für das Dilemma und so dürfen wir bleiben. Das beruhigt uns und freut den freundlichen Security. Schnell werden uns richtig schöne Zeltplätze unter alten verkrüppelten Bäumchen zugewiesen, direkt neben der Hütte eines alten Fischers, der hier mit seinen Katzen über den Beach wacht. Erst werden wir skeptisch beäugt, dann stellt uns der Fischer eine Flasche selbstgekelterten Wein in unsere Mitte. Wir bedanken uns mit einer warmen Dose Bier.

Am nächsten Morgen unterhalten wir uns noch ein wenig mit Händen und Füßen bevor wir wieder aufbrechen in Richtung unseres nächsten Ziels, dem berühmten Elafonissi-Beach.

Bilder: Balos Beach

Am Balos Beach starten wir bereits kurz nach Sonnenaufgang – wir wollen schließlich keinen Ärger machen und vor den ersten Touristen die Zelte abbauen. Nicht dass noch andere Urlauber auf die Idee kommen, hier zu zelten. Wie schon am vorangegangenen Tag weht kein Lüftchen. Im Tagesverlauf frischt der Wind allerdings wieder auf. Gegen Nachmittag dreht er dann von Nord auf Südwest, aus einem angenehmen Rückenwind wird eine peitschende See von vorne. Aus den geplanten vierzig Kilometern werden dreißig – inkl. Zusatzkilometern für die Umkehr, weil der Wind langsam zum Sturm mutiert. Wir schaffen unser geplantes Tagesziel natürlich nicht, dafür machen wir eine entspannte Mittagspause im Windschatten der großen Bucht von Phalasarna und finden später einen menschenleeren Strand für unser Nachtquartier.

Bilder: Entlang der schroffen Felsküste geht es vom Balos Beach nach Phalasarna und dann zur Übernachtung an einen einsamen Strand.

Und täglich grüßt das Murmeltier. Am Morgen weht kein Lüftchen. Trotzdem wollen wir früh los, da uns die Erfahrung schließlich gelehrt hat, dass es ab Mittag ungemütlicher wird. Nach knapp fünfzehn Kilometern erreichen wir das eigentlich geplante Ziel für die vergangene Nacht – Elafonissi Beach. Die sanfte Dünenlandschaft mit ihren Büschen und Gräsern begeistert uns. Hier im Naturschutzgebiet ist noch alles intakt. Doch je näher wir dem eigentlichen Strand kommen, umso mehr wandelt sich das Bild. Reisebusse stehen auf dem großen Parkplatz, tausende Touristen bevölkern den Beach – und das in der Nebensaison. An einer der Fressbuden kaufen wir uns eine Tyropita und springen schnell wieder in die Kajaks. Das ist nicht unser Griechenland, nicht unser Kreta. Aber sollen die sich mal alle hier tummeln, dann ist es im Rest der Insel leer.

Die gesamte Gruppe ist wirklich froh, diesen Strand am Vorabend nicht erreicht zu haben um hier zu nächtigen. Wir paddeln also weiter, der Wind hat wieder einmal aufgefrischt und am nächsten Kap sichten wir schäumende Gischt. Einem Teil der Gruppe ist nicht wohl bei dem Gedanken, dort noch herum zu paddeln. Also suchen wir uns einen Strand. Nur wenige Kilometer entfernt von Elafonissi finden wir einen der schönsten Campspots überhaupt – da sind wir uns einig. Es mutet ein wenig an, als wären wir in der Karibik. Hier bleiben wir, verbringen den Rest des Tages mit sonnenbaden, schnorcheln und schwimmen. Als die zehn anderen Badegäste den Strand in Richtung Ferienwohnung verlassen haben, bauen wir unsere Zelte auf. Die Westküste verabschiedet uns mit einem wunderschönen Sonnenuntergang. Dies ist unsere letzte Nacht, bevor wir auf die berühmte Südküste Kretas abbiegen.

Bilder: Tief im Südwesten

Teil II unserer Kreta-Pilottour kannst du hier im Blog lesen.

Unsere Kreta-Reise bieten wir aller Voraussicht nach 2021 wieder an. 2020 geht es neben Korfu und Lefkas auch auf den wunderschönen Peloponnes. Schau dir gerne unsere Griechenland-Programm an.

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