Wildwasser in den spanischen Pyrenäen

Bereits 2008 sind wir zu unserer ersten Pilottour in die spanischen Pyrenäen aufgebrochen. Leider hat uns damals das Wetter einen Strich durch die Rechnung gemacht. 2021, im zweiten großen Corona-Lockdown, haben wir ganze eineinhalb Monate in den Tälern der spanischen Pyrenäen verbracht – und eine neue Liebe gefunden – die wir jetzt, im Frühsommer 2024, so richtig ausleben konnten.

Im Mai 2008 hatten wir wohl wirklich Pech mit den Pyrenäen. Anfangs erstrahlten die pittoresken Felsen von Noguera Pallaresa und Ésera noch im Schein der spanischen Sonne – eine Woche später traten wir die Flucht an. Denn alle Bäche traten über die Ufer, wir konnten besser auf den Campingplätzen paddeln, als auf den Flüssen. Diese führten nämlich mit durchschnittlich rund 250 Kubik ungefähr das zehnfache der eigentlich üblichen Wassermenge. Für knapp 13 Jahre haben wir die Pyrenäen danach aus unserem Paddel-Gedächtnis gestrichen. Bis uns Corona im Winter 2021 nach Spanien führte. Erst ans Mittelmeer, dann, mit den wärmeren Temperaturen im Frühjahr, wieder in die Pyrenäen. Und was wir fanden, das war ein wahres Paradies. Großartige Bedingungen für Mountainbike-Touren und wunderbare Flüsse – wenn auch mit recht niedrigen Wasserständen, bedingt durch die recht frühe Jahreszeit. Nach diesem Trip war uns aber eines klar: Wir kommen wieder. Also schmiedeten wir Pläne und riefen für den Juni 2024 eine erneute Pilottour aus. Versuch Nr. 2 sozusagen.

Schnell waren die acht ausgeschriebenen Plätze vergeben. Die Pilottour 2024 war der am schnellsten ausgebuchte Trip unserer Kanuschul-Geschichte. Was uns extrem freute, denn so war klar, dass auch andere Paddler genauso heiß auf die Gegend schienen, wie wir selbst.

Sonniger Start am Río Ara

Wir sind bereits ein paar Tage vor dem eigentlichen Start unseres Roadtrips in den Pyrenäen eingetrudelt. In erster Linie zum Moubntainbiken. Denn besonders die Region um den Río Ara, nahe der Ortschaft Aínsa, ist mit der extra für Biker ins Leben gerufene „Zona Zero“ ein wahres Paradies für Radler. Also lassen wir uns im schnuckeligen Ort “Boltaña” nieder und genießen das großartige Frühsommer-Wetter.

Bilder oben: Da geht so einiges, im Tal des Ara. Campen und Radeln, Tapas und Cerveca, Kultur und Natur. Und, natürlich, Paddeln!

Obwohl wir uns eigentlich mit der Gruppe am Noguera Pallaresa, weiter im Osten der Pyrenäen treffen wollten, entscheiden wir uns spontan für eine Verlagerung des Treffpunkts auf den Ara. Denn der Ara ist einer der nicht durch ein Kraftwerk verlässlich gespeisten Flüsse und von Schmelze und Regen abhängig. Und noch hat er Wasser – Tendenz fallend. Kurzum verlegen wir nicht nur den Treffpunkt, sondern auch den Trip – und zwar einen Tag nach vorne. Denn alle Mitpaddler sind schon im Lande und haben bereits auf dem Campingplatz in Boltaña eingecheckt.

So geht es am ersten Tag auf den unteren Ara. Praktischerweise endet die Etappe direkt am Campingplatz. Auf glasklarem Wasser führt uns der Ara anfangs durch kleine Katarakte mit sanften Surfwellen und schönen Kehrwassern. Das Highlight wartet allerdings in Form der „Schlucht von Boltaña“. Hier verengt sich der Fluss und bietet schöne Katarakte bis in den dritten Schwierigkeitsgrad und tolle Stellen zum Spielen. Die Etappe endet nicht nur am Campingplatz, sondern auch in der Bar des Campingplatzes, wo ein kaltes Bier im geeisten Glas auf uns Paddler wartet. Wohl verdient nach rund 15 Kilometern Wildwasser.

Bilder oben: Paddeln auf dem Ara bei Boltaña, danach ab in die Altstadt zu Tapas (oder Burger) und Bierchen, danach gibt es das EM-Spiel beim “Paddlers Viewing” auf dem Camping 😉

Am nächsten Tag ziehen wir um nach Oto bei Broto, um den oberen Ara unter den Kiel zu nehmen. Für einen Teil der Gruppe wartet die anspruchsvolle Schlucht zwischen Torla und Broto. Sie ist eines der schönsten Wildwasser überhaupt. Kurze Katarakte im dritten und vierten Grad, dazwischen immer ein entspannter Pool. Tolles Wildwasser auf glasklarem Wasser. Nach der Stadtdurchfahrt von Broto wird es wieder offener. Leider fehlt es hier, immer wenn der Fluss breiter wird, an Wasser.

Bilder oben: Torla bis Broto. So muss Wildwasser. Wunderschöne Einzelstellen und traumhafte Pools.

Am nächsten Tag wartet die obere Etappe bis Torla auf einen Teil der Gruppe. Laut Beschreibung gibt es hier viel Wildwasser II, etwas WW III und ein bisschen WW V. Doch auch hier hat der Online-Flussführer recht – es bräuchte mehr Wasser. Die schweren Katarakte sind holprig und unfair. Wir umtragen die schwersten Stellen über den Wanderweg, der am oberen Ara entlang führt. Obwohl anstrengend, ist auch dieser Tag bei bestem Wetter ein wildes Erlebnis auf einem wunderschönen Fluss.

Bilder oben: Die Etappe bis Torla ist wunderschön “Soca-like” bis “Wellerbrücke” 😉

Río Noguera Pallaresa

Sort nennt sich selber „La capital ciudad del mundo de kayak“, die Welthauptstadt des Kajaksports. Ob sie dem gerecht wird, werden wir checken. Und so checken wir auf dem Camping Noguera Pallaresa ein, dem Paddel-Camp für Sort und Umgebung. Hier endet eine Etappe, eine beginnt. Zudem sind es nur 300 Meter bis zur Slalomstrecke mitten in der Stadt. Die Slalomstrecke, der Campingplatz und auch die Bar „Escalarre Rock Café“ überzeugen auf der ganzen Linie.

Bilder oben: Big City Life in Sort und auf der dazugehörigen Slalomstrecke

Aber der Noguera Pallaresa hat natürlich noch viel mehr zu bieten. So bei unserem Wasserstand unendlich viel Wildwasser im zweiten und dritten Grad. Und als landschaftliches Highlight warten die „Collegats de Noguesa Pallaresa“, eine kurze aber wunderschöne Schlucht mit Schleierwasserfällen und senkrechten Felstürmen. Hier am Noguera kann man locker eine Woche Urlaub machen. Paddeln, wandern, entspannen und radeln. Oder auch nur paddeln. Neben der Slalomstrecke warten hier mindestens vier Wildwasserstrecken, die das Wochenprogramm füllen können.

Bilder oben: Viel Wildwasser und viel Landschaft gibt es auf dem Río Noguera Pallaresa – alles per kurzer Fahrt erreichbar von Sort “the capital city of kayaking”

Río Ésera

Leider gibt es am Ésera keinen wirklich schönen Campingplatz für Paddler. Deshalb kommen wir auf dem einzig sinnvoll gelegenen – und völlig leeren – Platz in Graus unter. Graus ist eine Ortschaft, die auf den ersten Blick ihrem Namen alle Ehre macht. Doch hat man einmal die kleinen Altstadtgassen entdeckt, ist der Frust über die trist und grau wirkende Hauptstraße schnell vergessen. Und auf dem Fluss erst recht. Denn bei unserem Wasserstand, rund 25 Kubik, zeigt sich der Ésera nicht nur wunderbar klar, sondern verbirgt auch sein tolles Wildwasser nicht vor uns. Die völlig unterbewertete untere Etappe des Ésera bietet rassige Katarakte im dritten Grad und viele tolle Wellen und Kehrwasser – zum üben, surfen und kerzeln. Eine lange und superschöne Etappe, die einige witzige Überraschungen parat hält.

Bilder oben: Playful, mit kurzen Herausforderungen. Die untere Etappe des wunderbaren Río Ésera.

Genauso schön ist es auf dem oberen Teil ab Campo. Wenn es auch nicht ganz so viele anspruchsvolle Stellen gibt wie weiter unten. Dafür wartet mit „Le Pyramide“ eine kurze und wunderschöne Schlucht, die stellenweise den vierten Grad ankratzt. Wer das nicht mag, der kann allerdings entspannt vorher aussteigen. Alles ist hier ganz entspannt, so wie in den gesamten spanischen Pyrenäen.

Bilder oben: Einige schöne Katarakte, Übungs- und Spielstellen warten ab Campo. Das sportliche Highlight ist die Pyramide, eine kurze aber sportliche Schlucht mit pumpenden Kehrwassern und verblockten Stellen im löchrigen Konglomerat-Gestein

Auf zum Gállego

Zum guten Schluss wartet ein Highlight auf uns. Nicht nur die Landschaft am Gállego ist besonders schön, auch der Fluss hat einiges zu bieten – das Wildwasser des Gállego ist wirklich herrlich.

Bereis bei der Anfahrt auf unseren kleinen Campingplatz klappt bei einigen die Kinnlade herunter und die Fotoapparate werden gezückt. Wir campieren direkt unter den „Mallos de Agüero“. Dabei handelt es sich um Felsformationen, die man eigentlich so noch nie irgendwo in Europa gesehen hat. Man würde sie eher in der Wüste von Arizona erwarten. Dazu gibt es das passende Wetter. Mit bis zu 33 Grad hält man es am besten im Schatten aus. Noch besser ist es nur auf dem Fluss oder im Pool – den gibt es hier auf dem Campingplatz, wie fast auf jedem Campingplatz in den Pyrenäen. So lässt es sich aushalten. Und die Vorfreude auf den Gállego steigt mit dem Abendessen und mit jedem eiskalten Bierchen in der Pinte vom Campingplatz.

Bilder oben: Freude für Alle! Auf dem Gállego gibt es was auf´s Auge – sowie Wildwasser im zweiten und dritten Grad.

Die rund zehn Kilometer lange Wildwasser-Strecke des Gállego beginnt direkt am Einlass des Wassers aus seinem Stausee. Durch den Raftbetrieb auf dieser populären Strecke ist ein Wasserablass nahezu garantiert und somit zählt der Gállego zu den wassersicheren Kandidaten der Region. Wir steigen beim ersten Run oberhalb des Einlasses ein, was uns einen Katarakt mehr beschert. Man kann auch unterhalb einsteigen, was wir beim zweiten Run machen. Direkt nach der ersten kurzen Klamm folgt eine technisch anspruchsvolle Stelle. Eine wilde Rutsche mit zwei sich anschließenden Walzen. Alle nehmen die einzig mögliche Linien, ein Umtragen über die großen Felsen flussrechts wäre aber ebenfalls unkompliziert. Diese Stelle sticht sehr heraus. Ansonsten wartet hauptsächlich Katarakte im zweiten und dritten Grad. Lediglich der länge Hauptkatarakt erfordert noch einmal Aufmerksamkeit. Hier muss man die Linie treffen, schwimmen ist aufgrund der Siphone und Unterspülungen absolut verboten. Ein kleiner, sehr bequemer Trampelpfad am rechten Ufer führt um diese Kernstelle herum. Danach folgen noch zwei Katarakte, dann geht es unter lautem Gezirpe von Millionen Zirkaden dem Ausstieg entgegen.

Bilder oben: Einen Ausflug in den vierten Grad – auch das geht auf dem Gállego. Die schwerste Stelle präsentiert sich fotogen, mit den Felstürmen der “Mallos de Riglos” im Hintergrund.

Zum guten Schluss

Uns hat es in den Pyrenäen dieses Jahr supergut gefallen. Das Wetter, die Landschaft, die Flüsse und die entspannten Leute. Das Essen und die Cervezas ebenfalls. Wir kommen wieder, das ist gewiss. Und zwar mit einer kleinen Gruppe im Juni 2026 – ein genauer Termin folgt in Kürze. Hier geht es zur Kursbeschreibung.

 

 

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